Gestohlenes Tiepolo Gemaelde in Niedersaechsische Landesmuseum, Hannover
February 17, 2008 – 6:57 am
Landgericht Hannover bescheinigt Niedersächsischem Landesmuseum
Gutgläubigkeit beim Erwerb eines Tiepolo-Gemäldes trotz gutachterlich
belegter Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Erwerbs Für die von uns
vertretene Familie Ferrari di Valbona:
1. Die Familie Ferrari di Valbona hat mit einer im Jahre 2003
gegen das Land Niedersachsen eingereichten Klage Herausgabe eines zur
Kunstsammlung der Familie gehörenden Gemäldes des Venezianischen
Rokokomalers Giovanni Battista Tiepolo (Il miracolo di Sant' Antonio,
Öl auf Leinwand, 1754/60) geltend gemacht. Dieses Gemälde wurde im
Jahr 1929 von dem jüdischen Industriellen Ettore Modiano, in London
erworben und nach Italien importiert. Seitdem gehört das Werk zu der
Kunstsammlung der Familie und wurde in einer Vielzahl nationaler und
internationaler Kunstmonographien über Tiepolo mit dieser
Provenienzangabe veröffentlicht. Während des Zweiten Weltkriegs wurde
es in Italien zum Kulturgut von besonderer Bedeutung erklärt. Nachdem
Ettore Modiano 1956 verstorben war, ging das Eigentum an dem Gemälde
an seine Tochter Paola Modiano Ferrari di Valbona über. Diese brachte
das Gemälde in ihr Appartement nach Paris, wo es im Februar 1979
entwendet worden ist. Der Diebstahl wird durch ein entsprechendes
Polizeiprotokoll belegt. Nachdem die Familie bei der zuständigen
Polizeibehörde mehrfach nachgefragt und keine Auskunft über den
Verbleib des Gemäldes erhalten hat, erneuerte sie im November 2001
gegenüber der Spezialeinheit der italienischen Polizei (Carabinieri
Nucleo Tutela Patrimonio Artistico) die Anzeige unter Hinweis auf die
herausragende kulturelle Bedeutung. Deren Recherche führte zu der
Erkenntnis, dass sich das entwendete Gemälde seit 1985 im Besitz des
Niedersächsischen Landemuseums Hannover befindet.
2. Das Niedersächsische Landesmuseum behauptet, das
Gemälde 1985 von einer privaten Kunsthändlerin in Paris namens Madame
Grati Baroni de Piqueras erworben zu haben. Der Oberkustos des Museums
sei von einem ihm bekannten, von ihm geheim zu haltenden Kunstsammler
1984 auf den Tiepolo angesprochen worden. Er habe sich sodann mit
Madame Grati Baroni de Piqueras in ihrem Appartement im Paris
verabredet. Das Bild sei allerdings in einem Safe in einer nahe
gelegenen Bank aufbewahrt worden. Der für das Niedersächsische
Landesmuseum handelnde Oberkustos habe nach Besichtigung des Bildes
und in Kenntnis des Umstandes, dass es sich hierbei um ein
italienisches Werk mit zuletzt lautender Provenienzangabe „Sammlung
Ettore Modiano, Bologna" handelt, die Händlerin gefragt, ob sie das
Bild ordnungsgemäß mit allen erforderlichen Genehmigungen aus Italien
ausgeführt habe. Hierauf habe die Kunsthändlerin, ohne Exportpapiere
vorzulegen, lediglich behauptet, das Bild befinde sich schon seit
längerem in Frankreich. Die Frage des Oberkustos, ob das Bild aus dem
Besitz von Modiano in Bologna stamme, habe die Kunsthändlerin
verneint. Exportpapiere, die den ordnungsgemäßen Transport des
Gemäldes von Frankreich nach Deutschland belegen, kann das Museum
nicht beibringen. Auch ein Nachweis über die Entrichtung der
unstreitig notwendigen Exportumsatzsteuer ist im Prozess nicht
erbracht worden.
3. Im Rahmen des Prozesses hat der renommierte Kunsthistoriker
und ehemalige Direktor der Gemäldegalerie Berlin, Prof. Dr. Jan Kelch,
ein vom Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten zu der Frage erstellt,
ob das Museum beim Erwerb die den internationalen
Museumsgepflogenheiten entsprechende Sorgfaltspflicht verletzt habe.
Der Gutachter hat keinen Zweifel daran gelassen, dass beim Ankauf des
streitgegenständlichen Gemäldes „die an ein Museum zu stellenden
Anforderungen an die Sorgfalts- und Erkundigungspflicht in zwei
Aspekten unzureichende Beachtung gefunden haben". Dies betreffe zum
einen die „Risikobereitschaft im Umgang mit der Händlerin", zum
anderen seien die Exportformalitäten vom Museum „als Problemstellung
nicht einmal im Ansatz begriffen" worden.
4. Des ungeachtet hat das Landgericht Hannover mit Urteil vom 11.
Januar 2008 die Klage der Familie Ferrari di Valbona abgewiesen. Nach
Ansicht des Gerichts hat das Museum bei dem Eigentumserwerb gutgläubig
gehandelt. Obwohl der Sachverständige dem Museum in zwei wesentlichen
Aspekten eine nachhaltige Verletzung der Sorgfalts- und
Erkundigungspflichten quittiert, hält die Kammer des Landgerichts
Hannover diese Umstände (Risikobereitschaft im Hinblick auf die Person
der Verkäuferin und vor allem: unstreitige Nichtbeachtung der
Exportformalitäten) nicht für entscheidend. Das Landgericht erteilt
dem Landesmuseum damit einen Freibrief für den offensichtlich
illegalen Transport des Bildes von Frankreich nach Deutschland.
Die Familie Ferrari di Valbona erwägt derzeit, gegen das
Urteil mit der Berufung vorzugehen.
Niedersächsisches Landesmuseum Hannover
Willy-Brandt-Allee 5
30169 Hannover
Tel: (0511) 9807 - 686
Fax: (0511) 9807 - 684
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The heirs of Ferrari di Valbona are currently considering to file
appeal against the judgment.
Cesare Ferrari di Valbona
Tel 0039 02 23164798
Fax 0039 02 23161949
Mobile 0039 334 6245151
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